Was ist Scheinselbständigkeit und Liebhaberei?
Scheinselbstständigkeit und Liebhaberei haben aus steuerlicher Sicht denselben Stellenwert. Sie werden nämlich von den Finanzbehörden nicht anerkannt. Allerdings handelt es sich grundsätzlich um zwei komplett verschiedene Dinge. Was Scheinselbstständigkeit ist und was sich hinter dem Begriff der Liebhaberei verbirgt, ist jetzt Thema.
Was ist Scheinselbständigkeit? Was ist Liebhaberei?
Scheinselbständigkeit bedeutet, dass Ihre Tätigkeit vom Finanzamt nicht als selbständige Tätigkeit anerkannt wird, sondern als abhängige Beschäftigung wie bei einem typischen Arbeitnehmer. Nachträglich müssen unter anderem die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden, was schnell mehrere Tausend Euro betragen und somit existenzbedrohend sein kann.
Von Liebhaberei geht das Finanzamt aus, wenn Sie Ihre Tätigkeit nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben. Bleibt der Gewinn unter 410 Euro pro Jahr, geht das Finanzamt von Liebhaberei aus. Sie können weder Kosten geltend machen, noch müssen Sie die Umsätze versteuern.
Was ist Scheinselbstständigkeit?
Bei der Scheinselbstständigkeit geht es um ein vordergründig selbstständiges Arbeitsverhältnis, das von der Art her einem nicht selbstständigen Arbeitsverhältnis gleicht, aber unter dem Deckmantel der Selbstständigkeit stattfindet. Beispiel:
Sie sind selbstständiger Schreiner mit einer kleinen Werkstatt. Ihr einziger Auftraggeber ist ein großes Messebauunternehmen. Für dieses Messebauunternehmen arbeiten sie regelmäßig in der Werkstatt des Unternehmens. Sie sind weisungsgebunden, denn ihr Auftraggeber bestimmt, was Sie wann und in welcher Qualität liefern. Von außen betrachtet sind Sie einem Arbeitnehmer gleichgestellt, Ihre vermeintlich selbstständige Tätigkeit unterscheidet sich in nichts.
Warum ist Scheinselbstständigkeit problematisch?
Wenn eine Firma einen Mitarbeiter beschäftigt, müssen Sozialversicherungsbeiträge geleistet und Lohnsteuer abgeführt werden. Um diese Pflichten zu umgehen, schließen manche Firmen Verträge mit Freelancern oder Einzelunternehmern ab und „sparen“ sich die Sozialabgaben.
Und auch Selbstständige umgehen damit die Steuer- und Sozialversicherungspflicht. Aus diesem Grund wird Scheinselbstständigkeit bestraft. Wenn der Verdacht aufkommt, dass Scheinselbstständigkeit vorliegt, wird eine Prüfung vorgenommen. Dabei werden bestimmte Kriterien gecheckt. Der Check knüpft an die Kriterien an, die eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnen. Weichen sie davon ab, liegt der Verdacht nahe, dass eine Scheinselbstständigkeit vorliegt.
Welche Kennzeichen weist eine selbstständige Tätigkeit auf?
Das Sozialgesetzbuch gibt in Paragraf 7 Abs. 1 SGB V vor, inwieweit sich Selbstständige und Arbeitnehmer unterscheiden. Es gibt fünf Kriterien, die typisch für die Selbstständigkeit sind:
Sie können die Tätigkeit frei nach Ihrem Ermessen gestalten.
Sie bestimmen Ihre Arbeitszeit in Eigenverantwortung und unabhängig von einem Auftraggeber.
Sie dürfen Ihre Arbeitskraft frei in verschiedenen Projekten und für verschiedene Auftraggeber einsetzen.
Sie haben unternehmerische Entscheidungsfreiheit in allen Dingen. Das bedeutet, dass Sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Leistungen erbringen und eigenständige Entscheidungen über essenzielle Fragen des Unternehmens fällen. Dazu gehören Entscheidungen über den Warenbezug, über Einkaufs- und Verkaufspreise, über die Personalführung, über die Eröffnung einer Betriebsstätte, über die Kundenakquise, über Werbemaßnahmen und anderes mehr.
Sie tragen das unternehmerische Risiko vollständig alleine.
In der Regel sind Selbstständige nicht dazu verpflichtet, gesetzliche Sozialversicherungsabgaben zu leisten. Es gibt einige Ausnahmen, sie gelten zum Beispiel für Tagesmütter/Tagesväter, Erzieherinnen und Erzieher, Hebammen und Entbindungspfleger, Künstler, Musiker und andere. Auch Scheinselbstständige müssen Sozialversicherungsabgaben leisten.
Test zur Scheinselbstständigkeit: Bin ich scheinselbstständig oder nicht?
Wenn Sie sich selbst prüfen wollen, inwieweit Sie von der Scheinselbstständigkeit betroffen sind, stellen Sie sich diese Fragen.
Arbeiten Sie ohne Weisungen eines Auftraggebers? (Ein Merkmal der Scheinselbstständigkeit ist, weisungsgebunden zu arbeiten.)
Bestimmen Sie Ihre Arbeitszeiten selbst? (Wenn man Ihnen die Arbeitszeiten vorgibt, ist ein weiteres Merkmal der Scheinselbstständigkeit erfüllt.)
Erledigen Sie andere Aufgaben als die fest angestellten Mitarbeiter des Auftraggebers? (Erledigen Sie dieselben Aufgaben wie Angestellte, liegt der Verdacht einer Scheinselbstständigkeit nahe.)
Müssen Sie regelmäßige Leistungsberichte abliefern? (Regelmäßige Leistungsberichte sind mit Stundennachweisen von Mitarbeiter vergleichbar und gelten deshalb als Merkmal der Scheinselbstständigkeit.)
Wählen Sie Ihren Arbeitsplatz selbst? (Wenn der Auftraggeber bestimmt, wo Sie arbeiten, erhärtet sich der Verdacht der Scheinselbstständigkeit.)
Arbeiten sie mit einer Hardware oder Software, die eine Kontrolle durch den Auftraggeber zulässt? (Kontrollfunktionen sind typisch für eine Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung.)
Treten Sie als Selbstständiger nach außen auf? (Wenn Ihr Außenauftritt keine erkennbaren Züge der Selbstständigkeit trägt, weist das auf eine nicht selbstständige Tätigkeit hin.)
Nutzen Sie eigenes Briefpapier und eigene Visitenkarten? (Eine eigene Ausstattung mit Geschäftspapieren ist ein Kennzeichen der selbstständigen Tätigkeit. Fehlt diese, könnte man eine nicht selbstständige Tätigkeit vermuten.)
Akquirieren Sie selbstständig Kunden und machen Werbung für Ihr Unternehmen? (Wer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung für sein eigenes Unternehmen tätig wird, erfüllt ein wichtiges Kriterium der Selbstständigkeit.)
Wann könnte die Vermutung aufkommen, dass Scheinselbstständigkeit vorliegt?
Es gibt diverse Anhaltspunkte, die Vermutung einer Scheinselbstständigkeit nahelegen. Das gilt zum Beispiel, wenn Sie an einem festen Ort zu festen Arbeitszeiten in den betrieblichen Räumen des Auftraggebers arbeiten. Liegt ein solcher Verdachtsmoment vor, könnte der Rentenversicherungsträger argwöhnisch werden und eine Prüfung anordnen.
Gibt der Auftraggeber Ihnen vor, wann und unter welchen Bedingungen Sie Urlaub nehmen dürfen, erhärtet sich der Verdacht.
Auch, wenn der Auftraggeber weitere Nebentätigkeiten für andere Auftraggeber genehmigungspflichtig macht, wird der Verdacht der Scheinselbstständigkeit verstärkt.
Weitere Anhaltspunkte sind das Fehlen eines eigenen Briefpapiers oder Visitenkarten.
Auch könnte der Verdacht einer Scheinselbstständigkeit entstehen, wenn Sie die Arbeitskleidung Ihres Auftraggebers tragen.
Wenn Sie dauernd und im Wesentlichen für einen einzelnen Auftraggeber tätig sind, stellt das ein klares Indiz für das Vorliegen einer Scheinselbstständigkeit dar. Allerdings muss die Gesamtsituation unter Beachtung aller relevanten Aspekte beurteilt werden.
Welche Konsequenzen drohen Scheinselbstständigen?
Wenn bei Ihnen eine Scheinselbstständigkeit festgestellt wird, müssen Sie unter anderem Sozialversicherungsbeiträge abführen. Dasselbe gilt für den Auftraggeber. Die Beiträge können rückwirkend bis zu vier Jahre nach gefordert werden. Beispiel:
Sie arbeiten seit 2017 ausschließlich für einen Auftraggeber und erfüllen die Merkmale der Scheinselbstständigkeit. Ihr monatlicher Umsatz liegt bei 1000 €. Sie haben seit 2017 insgesamt 40.000 € Umsatz erzielt. Bei einem durchschnittlichen Sozialversicherungsbeitrag von 14,6 % droht eine Nachzahlung von 5840 €.
Allerdings sind die Sozialversicherungsbeiträge nicht die einzigen Kosten, die Ihnen nachträglich in Rechnung gestellt werden. Die Rentenversicherungsbeiträge schlagen (2020) mit 18,6 % zu Buche. Darüber hinaus werden Beiträge zur Pflegeversicherung mit 3,05 % und zur Arbeitslosenversicherung mit 2,4 % fällig. Alles zusammen genommen kann die nachträgliche Feststellung der Scheinselbstständigkeit und der damit in Verbindung stehenden finanziellen Belastung eine existenzielle Bedrohung sein.
Die Folgen der Scheinselbstständigkeit für Ihren Auftraggeber
Auch dem Auftraggeber drohen rechtliche und finanzielle Konsequenzen, wenn Ihnen Scheinselbstständigkeit nachgewiesen wird. Für den Auftraggeber kann es enorm teuer werden, denn er muss rückwirkend bis zu vier Jahre Zahlungsverpflichtungen erfüllen, wie sie bei einem normalen Angestellten anfallen.
In erster Linie geht es dabei um Sozialversicherungsbeiträge sowie Säumniszuschläge. Abgesehen von den Sozialversicherungsbeiträgen können Finanzbehörden Lohnsteuernachzahlungen fordern. Auch hier können die Behörden bis zu vier Jahre rückwirkend Nachzahlungen fordern. Über die Lohnsteuernachzahlung hinaus können Bußgelder aber auch Gefängnisstrafen verhängt werden. In einigen Fällen drohen Rückzahlungsforderungen von bis zu 30 Jahre.
Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der Scheinselbstständigkeit ist der Ausweis der Umsatzsteuer. Falls Sie ihre Rechnung mit Umsatzsteuer ausgestellt haben, berichtigt die Finanzbehörde den Steuersatz und verlangt das erstattete Geld beim Auftraggeber zurück. Sie können davon ausgehen, dass der Auftraggeber sich den Betrag von Ihnen zurückholen will.
Die Folgen der Scheinselbständigkeit für Sie im Überblick
Für Sie hat die Feststellung einer Scheinselbstständigkeit empfindliche Folgen. Zunächst einmal müssen Sie ihre Selbstständigkeit beenden. Dazu gehören alle Abmeldungen wie beispielsweise von der IHK, beim Finanzamt und ggf. die Löschung des Eintrags im Registergericht. Sie werden nachträglich rückwirkend als Arbeitnehmer des Auftraggebers eingestuft. Stichtag ist die Aufnahme der Beschäftigung für den entsprechenden Auftraggeber. Sie erhalten weitere Rechte, wie alle anderen Mitarbeiter des Auftraggebers. Dazu gehören Kündigungsschutz, Anspruch auf Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Es wird das durchschnittliche Honorar der Vergangenheit zugrunde gelegt, auf dessen Basis Nettogehaltsberechnungen erfolgen.
Rechtlich gesehen sind Sie und Ihr Auftraggeber Gesamtschuldner. Deshalb teilen Sie sich die Sozialversicherungsbeiträge. Sie müssen die Rechnungen nachträglich korrigieren, weil Sie als Nicht-Unternehmer keine Mehrwertsteuer hätten ausweisen dürfen. Die korrigierten Rechnungen bekommt der Auftraggeber und muss seinerseits die bereits geltend gemachten Beträge an das Finanzamt zurück bezahlen. Als Folge daraus wird sich der Auftraggeber mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Ihnen in Verbindung setzen, um die Beträge von Ihnen zurückzufordern.
Abgesehen von diesem Problem müssen Sie die in der Vergangenheit geltend gemachte Vorsteuer an das Finanzamt zurückzahlen. Jede Quittung, die mit Mehrwertsteuer verbucht und gelten gemacht wurde, muss zurückgedreht werden. In der Regel wird das Finanzamt eine Aufstellung machen und entsprechende Beträge bei Ihnen einfordern. Es liegt an Ihnen, die Richtigkeit der Forderungen zu prüfen. Sehen Sie sich dazu nicht in der Lage, müssen Sie einen Steuerberater einschalten. Dieser kostet wiederum Geld.
Alles in allem ist es eine teure und vor allem vermeidbare Angelegenheit, die Konsequenzen aufgrund einer Scheinselbstständigkeit zu tragen. Schützen sie sich dagegen!
Fünf Tipps gegen Scheinselbstständigkeit
Damit Ihnen dieses existenzielle Problem der Scheinselbstständigkeit und der damit verbundenen enormen Nachzahlungen nicht droht, können sie sich schützen. Als aktiv handelnder Selbstständiger sollten Sie das auch tun. Letztlich gehört es zu Ihren Aufgaben, Ihre Selbstständigkeit vorzubereiten und auf rechtlich sichere Beine zu stellen. Die folgenden fünf Tipps helfen dabei, eine Scheinselbstständigkeit auszuschließen.
Lesen Sie sich nötiges Wissen über Scheinselbstständigkeit an. Wenn Sie bis zu diesem Punkt des Beitrags gelangt sind, haben Sie schon den ersten Schritt getan. Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, erst recht nicht einen Selbstständigen. Nehmen Sie Ihre Pflicht wahr, sich die nötigen Informationen zu beschaffen. Falls Sie selber nicht wissen, inwieweit die Scheinselbstständigkeit auf Sie zutrifft, setzen Sie sich mit einem Gründungsberater bei der IHK, mit einem Rechtsanwalt oder Steuerberater zu dieser speziellen Frage in Verbindung.
Prüfen Sie jeden Vertrag, den sie abschließen auf die Aspekte der Selbstständigkeit. Sie müssen Ihre unternehmerische Entscheidungsfreiheit behalten, das unternehmerische Risiko selbst tragen. Folgende Fragen sollten Sie sich stellen, bevor Sie einen Vertrag unterschreiben. Beantworten Sie eine der folgenden Fragen mit NEIN, könnte der Anfangsverdacht einer Scheinselbstständigkeit aufkommen:
Müssen Sie die gesetzlichen Abgaben wie Steuern und Sozialversicherung selbst abführen?
Ist der Inhalt der Tätigkeit und das damit verbundene Honorar sauber definiert?
Verbietet Ihnen der Auftraggeber NICHT, andere Aufträge von anderen Kunden abzulehnen?
Gestattet Ihnen der Auftraggeber eigene Mitarbeiter oder fremde Dritte einzusetzen?
Wenden Sie weniger als 50 % Ihrer gesamten Kapazitäten für einen Auftraggeber auf?
Müssen Sie ein festgelegtes Nutzungsentgelt für Arbeitsmittel bezahlen?
Alle Fragen zielen darauf ab, typische selbstständiger Aspekte einer Zusammenarbeit zu konkretisieren. Müssen Sie auf eine Frage mit Nein antworten, heißt das noch nicht, dass Sie als Scheinselbstständiger eingestuft werden. Aber im Rahmen einer Prüfung könnte sich daraus eine Ankerpunkt ergeben, an dem eine Scheinselbstständigkeit aufgehängt werden kann.
Wägen Sie ab, ob ein Statusfeststellungsverfahren für Sie eine Option ist. Im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahren prüfen Rentenversicherungsträger, ob bei einer Tätigkeit eine Scheinselbstständigkeit vorliegt oder nicht. Liegt der Bescheid einmal vor, in dem Ihr Status als Selbstständiger bestätigt wird, können Sie mit ruhigem Gewissen aktiv werden. Allerdings raten manche Unternehmer von einem solchen Verfahren ab, weil sie selbst negative Erfahrungen gemacht haben. Online sind ganze Webseiten zu finden, die sich mit den Pro und Contra des Statusfeststellungsverfahren beschäftigen. Manche sind der Meinung, dass die Rentenversicherungsträger grundsätzlich davon ausgehen, dass nur diejenigen einen Antrag auf Statusfeststellung stellen, die hinsichtlich einer Scheinselbstständiger kritisch zu sehen sind. Doch diese diffuse Befürchtung sollte nicht die Basis einer Entscheidung sein.
Die Erfahrung zeigt, dass in Zusammenarbeit mit einem Steuerbüro Statusfeststellungsverfahren eher unkritisch verlaufen. Viele Steuerbüros führen nämlich eine Statusanfrage rein vorsorglich bei jedem ihrer Mandanten durch, die mit beginnender Selbstständigkeit zu ihnen kommen. Insofern ist das Steuerbüro dem Rentenversicherungsträger bekannt und die diffuse Befürchtung wird dadurch ausgehebelt.
Werben Sie aktiv im Netz oder offline für Ihr Angebot. Nehmen Sie Aufträge von weiteren Auftraggebern an. Damit zerstreuen Sie am wirkungsvollsten irgendwelche Bedenken. Achten Sie darauf, nicht den überwiegenden Anteil Ihrer Zeit für die Aufträge eines einzelnen Auftraggebers zu reservieren.
Angebote in Pauschalform statt in Form von abrechenbaren Stunden entzieht der Rentenversicherung die Basis der Vergleichbarkeit. Schnüren Sie pauschale Angebote, falls möglich.
Haben Sie eine besondere Expertise? Dann schreiben Sie ein Buch, erstellen Fachartikel oder halten Vorträge auf Fachtagungen. Auf diese Weise werden Sie als Experte wahrgenommen und nicht als beliebig austauschbarer Freelancer.
Was ist Liebhaberei aus Sicht des Finanzamts?
Der Begriff der Liebhaberei ist im Steuerrecht verankert. Wenn jemand eine Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht ausübt, ist die Rede von Liebhaberei im steuerlichen Sinne. Wenn Sie sich keine Mühe geben, um eine schlechte Ertragslage zu verbessern und stattdessen zusehen, wie sich das Geschäftsvorhaben in die roten Zahlen bewegt, unterstellt man Ihnen eine mangelnde Gewinnerzielungsabsicht. Allerdings bedeutet eine Verlustsituation nicht grundsätzlich, dass eine eigentlich geschäftsmäßige Tätigkeit als Liebhaberei eingestuft wird. Schließlich gibt es Jahre, die schlecht laufen und es gelingt oft in den ersten Jahren nicht, in die Gewinnzone zu kommen. Doch wenn die Tätigkeit langfristig zu positiven Einkünften führt, ist der Verdacht der Liebhaberei ausgehebelt.
Wenn Sie aber Ihren Betrieb so führen, dass lediglich die Selbstkosten gedeckt sind, könnte Liebhaberei seitens des Finanzamts unterstellt werden. Es spielt keine Rolle, ob es sich um eine freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit, um Vermietung und Verpachtung oder um eine landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Tätigkeit handelt. In jeder Einkunftsart kann das Finanzamt Liebhaberei unterstellen. In diesem Zusammenhang sei auf eine problematische Situation hingewiesen: Wenn zum Ende Ihrer freiberuflichen Laufbahn hohe Verluste entstehen, die sich nicht mit zukünftigen Gewinnen verrechnen lassen, könnte das Finanzamt für diese letzte Phase ebenfalls Liebhaberei unterstellen.
Was macht das Finanzamt, wenn der Verdacht der Liebhaberei vorliegt?
Falls Liebhaberei angenommen wird, rechnet das Finanzamt die betreffenden Aktivitäten der privaten Lebensführung zu. Das bedeutet, dass Sie entstehende Verluste nicht steuerlich ansetzen können. Um Liebhaberei könnte es sich aus Sicht der Finanzbehörde handeln, wenn Sie einer Tätigkeit nachgehen, die sich aus einem Hobby entwickelt hat, wenn Verluste durch private Einlagen ausgeglichen werden und die Tätigkeit trotz weiter auflaufen Verluste nicht eingestellt wird.
Beispiel:
Sie lieben Kunst und erfreuen sich an Plastiken. Deshalb haben Sie sich dazu entschieden, Kunstgegenstände zu kaufen. Wenn Sie die Tätigkeit nur hobbymäßig durchführen, können Sie die Ausgaben nicht beim Finanzamt geltend machen.
So mancher gut verdienende Selbstständige, Künstler oder Schauspieler hat sich schon ein Weingut gekauft oder ist zum Sammler von wertvollen Kunstgegenständen geworden. Und das nicht etwa privat, sondern ganz offiziell. Dass sich daraus ein Steuersparmodell ergeben kann, liegt auf der Hand. Und genau deshalb schaut das Finanzamt in solchen Fällen sehr genau hin.
Es ist Ihre Aufgabe, dem Finanzbeamten glaubhaft zu erklären, dass ein Hobby nicht als Hobby, sondern mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Bitte berücksichtigen Sie folgendes:
Wenn das Finanzamt Ihre Tätigkeit als Hobby deklariert, müssen Sie die Einnahmen nicht versteuern
Wenn das Finanzamt das Hobby als offiziellen Nebenerwerb deklariert, können Sie die Ausgaben geltend machen.
Das Finanzamt unterstellt grundsätzlich Liebhaberei, wenn der Gewinn weniger als 410 € im Jahr beträgt.
Sonderfall im Fokus: Glücksspiel ein Hobby?
Wäre Glücksspiel ein Hobby, müssten die Gewinne nicht versteuert werden. Und tatsächlich, auch das Finanzamt ist damit einverstanden. Wenn Sie in Ihrer Freizeit Pokern und gewinnen, müssen Sie den Gewinn nicht versteuern. Aber Sie dürfen auch nicht die Kosten geltend machen, die im Zusammenhang damit stehen, beispielsweise Reisekosten. Trotzdem geht der Staat nicht leer aus, obwohl er Ihre Gewinne nicht versteuer. Er verlangt von Glücksspielanbieter entsprechende Wett- und Glücksspielsteuern.
Anders aber ist es, wenn Sie Ihren Lebensunterhalt mit Glücksspiel finanzieren. Allerdings hat das deutsche Steuerrecht dazu (noch) keine konkrete Regelung. Sie begeben sich als professioneller Glücksspieler in eine Grauzone und sollten den Rat eines Steuerberaters einholen.
Gerichtsurteile zur Liebhaberei
Die folgenden Gerichtsurteile sollen zeigen, in welchen Fällen Gerichte die Gewinnerzielungsabsicht eines (vermeintlich) Selbstständigen aberkannt oder anerkannt haben. Anhand der Gerichtsurteile können Sie sich darüber informieren, in welchem Rahmen Zweifel aufkommen könnten. Ordnen Sie ein, inwieweit die Gerichtsurteile mit Ihrem Vorhaben korrespondieren könnten.
Wenn eine Ferienwohnung ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und bei Leerstand für die Vermietung bereitgehalten wird, ist ohne weitere Prüfung von der Gewinnerzielungsabsicht auszugehen. (Urteil vom 29.8.2007, BFH, IX R 48/06)
Eine Anwaltskanzlei ist nicht geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen zu dienen. Das bedeutet in der Praxis, dass eine anwaltliche Tätigkeit nicht als Liebhaberei eingestuft wird. (Urteil vom 22.4.1998, S BFH, IX R 10/97)
Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht anzunehmen, wenn ein Steuerpflichtiger eine ursprünglich als Hobby begonnene Pferdezucht nicht endgültig aufgibt, sondern nahezu unverändert als Liebhaberei weiter betreibt. (Urteil vom 27.1.2000, BFH, IV R 33/99)
Verluste, die ein Hobbyautor wegen der Veröffentlichung eines Buches mit Kurzgeschichten erzielt hat, sind steuerlich nicht anzuerkennen. (Urteil vom 14.8.2013, FG Neustadt, 2 K 1409/12)
Wer als Maler, Bildhauer oder Fotograf eine künstlerische Ausbildung nachweist, an Ausstellungen teilnimmt oder ein eigenes Atelier betreibt, kann auch nach einer elfjährigen Verlustphase Gewinnerzielungsabsicht haben (Urteil vom 6.3.2003, BFH, XI R 46/01)
Fazit: Gewinnerzielungsabsicht dokumentieren
Wenn Sie eine aufwändige Marktanalyse betreiben, Werbeanzeigen schalten, Preiskalkulationen vornehmen, Geschäftsräume anmieten oder Qualifizierungskurse belegen, die für eine geplante oder bestehende Selbstständigkeit sinnvoll oder notwendig sind, signalisieren Sie Gewinnerzielungsabsicht. Auch die Finanzbehörden gehen davon aus, dass sich niemand unnötige Kosten aufhalst, wenn diese nicht später durch Einnahmen ausgeglichen werden können.
Tipp: Sammeln Sie entsprechende Belege, bewahren Sie Dokumente und Quittungen auf, um bei Zweifelsfragen stichhaltige Beweise vorlegen zu können, die gegen die Einstufung als Liebhaberei sprechen.
Wichtig: Was ändert sich bei meiner Krankenversicherung nach der Gewerbeanmeldung?
Im Zuge Ihrer Gewerbeanmeldung sollten Sie sich nun zeitnah um Ihre Krankenversicherung kümmern. Als Selbstständiger sind Sie nicht mehr automatisch Pflichtmitglied in Ihrer gesetzlichen Krankenkasse und müssen sich dort auf Antrag befreien lassen. Die Beiträge werden nun nach Ihrem Einkommen erhoben. Die Kosten belaufen sich im Jahr zwischen...
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