Gewerbeanmeldung für landwirtschaftliche Betriebe: Besonderheiten

Die so genannte Urproduktion, zu der in Deutschland Forst- und Landwirtschaft gelten, genießt im Steuerrecht eine besondere Stellung mit zahlreichen Vorteilen. Das ist zuletzt in den Medien deutlich geworden, als Bauern landesweit gegen Kürzungen bei Subventionen für Agrardiesel protestiert haben.
 

Grundsätzlich keine Gewerbepflicht für Landwirte, aber …

Landwirte müssen grundsätzlich kein Gewerbe anmelden, ihre Tätigkeit genießt im Steuerrecht eine Sonderrolle. In diesem Sinne ist gemäß § 13 Einkommenssteuergesetz eine pauschale Gewinnermittlung möglich. Sobald aber bei der Viehhaltung oder dem Verkauf mit dem Hofladen bestimmte Grenzen überschritten werden, sind auch Landwirte gewerbssteuerpflichtig. Kleine Höfe, die viele Tiere halten, unterliegen schneller der Gewerbepflicht als große Höfe mit viel Fläche.

Die Materie ist recht komplex, es gibt viele Urteile und Bestimmungen. Um Handlungssicherheit für den eigenen Landwirtschaftsbetrieb zu erlangen, sollten die konkreten Rahmenbedingungen frühestmöglich in Erfahrung gebracht werden. Dieser Ratgeber beleuchtet die wichtigsten Themen.


Was entscheidet über die Gewerbepflicht für Landwirte?

Entscheidend sind die Fläche des Hofes und die Vieheinheiten. Der Gesetzgeber definiert genaue Grenzen. Wenn ein Hof bis zu 20 Hektar aufweist, dürfen ohne Gewerbeanmeldung nicht mehr als 10 Vieheinheiten gehalten werden. Für weitere Fläche darf nur eine bestimmte Anzahl an Vieheinheiten hinzukommen. Um es auf den Punkt zu bringen: Je mehr Fläche ein Landwirt bewirtschaftet, desto mehr Vieheinheiten darf er ohne Gewerbeanmeldung halten. Diese konkrete Anzahl kann nur bestimmt werden, wenn die Gesamtgrundfläche in Hektar (ha) vorliegt.

So genannte Liebhaberbetriebe unterliegen grundsätzlich nicht der Gewerbesteuerpflicht. Darunter ist etwa die Tierhaltung im Schrebergarten zu verstehen, wie sie in Deutschland immer noch recht weit verbreitet ist. Zwischen Hobby und Gewerbe ist im Einzelfall zu unterscheiden, ein Schrebergarten dürfte alleine aufgrund der Größe wohl kaum als Landwirtschaftsbetrieb eingestuft werden.

Checkliste: Wann müssen Landwirte ein Gewerbe anmelden?

  • Grundsätzlich besteht für die Urproduktion in Deutschland keine Pflicht zur Gewerbeanmeldung (vergl. § 13 EStG), solange vorgegebene Umsatzgrößen bzw. Vieheinheiten nicht überschritten werden. Die Pauschalisierungsmöglichkeit bei der Gewinnermittlung ist als finanzieller Vorteil im Vergleich zur Gewerbeanmeldung zu bewerten.
  • Aus diesem wichtigen Paragrafen ergeben sich ferner spezielle Bewertungsregeln mit Blick auf landwirtschaftliches Betriebsvermögen. Hierbei sind Abweichungen vom allgemeinen Steuerrecht festzustellen.
  • Kleine Höfe unterliegen der Gewerbepflicht, wenn sie auf ihrer Fläche mehr Vieh halten als das Gesetz vorgibt.
  • Sobald mehr als 50 % der Einkünfte gewerblicher Natur sind, ist der gesamte Betrieb laut Urteil des Bundesfinanzhofes als Gewerbe einzustufen. Gewerbliche Nebeneinkünfte wie Verkäufe oder die vergütete Einspeisung von Solarstrom sind in diesem Kontext zu sehen. Landwirtschaftliche Fachberatung kann hingegen als freiberufliche Tätigkeit behandelt werden.
  • Sobald der Holfladen 3 Geschäftsjahre in Folge die vorgegebene Umsatzgrenze für Fremdprodukte überschreitet, wird er laut Bundesfinanzhof als gewerblich eingestuft.
     

Rechtsgrundlage § 13 EStG mit Grenzwerten


Wie viele Hektar braucht man, um einen Landwirtschaftsbetrieb anzumelden?

Eine konkrete Flächenzahl lässt sich nicht benennen, in steuerrechtlicher Hinsicht ist vielmehr der langfristige Gewinn entscheidend. Wer als Landwirt kein Gewerbe anmelden will, muss die Viehanzahl unterhalb der gesetzlichen Vorgaben halten. Das gilt auch für die Einnahmen mit einem Hofladen, wie wir weiter unten noch sehen werden.


Wann unterliegt ein Landwirtschaftsbetrieb der Gewerbepflicht?

Die relevanten Rechtsgrundlagen hat der Bundesfinanzhof (BFH) zuletzt 2009 mit einem Urteil klargestellt, um Landwirtschaft (Urproduktion) und Gewerbe abgrenzen zu können (diese Regelungen gelten seit dem Wirtschaftsjahr 2013/14).

Sind die Umsätze mehr als 50 % gewerblich, liegt insgesamt ein Gewerbebetrieb vor, steuerliche Vorteile würden dann entfallen. Ein einheitlicher landwirtschaftlicher Gewerbebetrieb bringt den Nachteil mit sich, dass bei der Bewertung von Feldinventar und selbst produzierter Vorräte das Wahlrecht zur Bewertung wegfällt. Wer sich mit seinem Betrieb an der Schwelle zur Gewerbepflicht befindet, sollte in dieser Hinsicht die langfristigen Auswirkungen der Gewerbepflicht beleuchten.


Wann wird aus dem Hofladen ein Gewerbebetrieb?

Durch Direktvermarktung sind Hofläden in den letzten Jahren zu einer immer wichtigeren Einnahmequelle für Landwirte in Deutschland geworden. Das hat den Bundesfinanzhof auf den Plan gerufen und zu einem neuen Urteil mit Blick auf die Gewerbepflicht geführt (vergl. Urteil von 2009 mit dem Aktenzeichen IV R 21/06): Hofläden werden demnach zu einem Gewerbebetrieb, wenn der Nettoumsatz mit Fremdprodukten ein Drittel des Nettogesamtumsatzes ausmacht oder aber den Höchstbetrag von 51.500 Euro überschreitet.

Werden diese Grenzen drei Jahre in Folge überschritten, ist ab dem vierten Jahr von gewerblichen Einkünften auszugehen. Je umsatzstärker und wirtschaftlich bedeutender der Holfladen für den gesamten Betrieb wird, desto eher fällt die Pflicht zur Gewerbeanmeldung an. Die konkreten Zahlen und der Anteil an Fremdprodukten sind immer einzelfallbezogen zu prüfen.


Erste wichtige Schritte: Wie Landwirtschaftsbetrieb anmelden?

Viele Landwirte werden quasi in die Tradition und somit den Betrieb hineingeboren, sodass sie sich über viele Jahre mit der komplexen Rechtsmaterie vertraut machen können. Quereinsteiger können sich von der Landwirtschaftskammer ihres Bundeslandes beraten lassen, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen, auch mit Blick auf das Steuerrecht. Hier können Landwirte auch ihre Unternehmernummer sowie die ZID-Nr. (zentrale Invekos-Datenbank Nummer) erhalten, mit der Fördermittel für den Betrieb beantrag werden können.

Der Landwirtschaftsbetrieb muss auch bei der Berufsgenossenschaft angemeldet werden, über die landwirtschaftliche Krankenkasse ist die Gesundheit abzusichern. Um einen neuen Betrieb eröffnen zu können, ist eine Bekanntmachung mit amtlichem Vordruck in der Gemeinde notwendig. Die Gemeinde bzw. Verwaltung wird dann das Finanzamt in Kenntnis setzen, wobei ohnehin eine steuerliche Erfassung der landwirtschaftlichen Tätigkeit notwendig ist.
 

Selbstständig machen als Landwirt


Was ist noch bei der Anmeldung eines Landwirtschaftsbetriebs zu beachten?

Abgesehen vom Steuerrecht und der Frage, ob der Landwirtschaftsbetrieb der Gewerbepflicht unterliegt, sind zahlreiche Auflagen und gesetzliche Bestimmungen zu beachten. Für Landwirte gelten strenge Tierhaltungsvorschriften, das Tierschutzgesetz ist zu beachten. Falls es sich um einen zertifizierten Betrieb mit ökologischer Erzeugung handelt, sind noch strengere Hygienevorschriften und Vorgaben für zulässige Futtermittel ohne Gentechnik zu beachten. Auch der Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln unterliegt strengen Regelungen. Für den Schutz des Klimas ist in Zukunft mit weiteren Maßnahmen im Bereich Umweltschutz zu rechnen, wobei die konkreten Regelungen vor Ort in Erfahrung zu bringen sind.


Gut zu wissen: Fördermittel für Landwirtschaftsbetriebe

Auf nationaler sowie EU-Ebene sind zahlreiche Förderprogramme für Landwirtschaftsbetriebe nutzbar, die bei der Betriebsgründung zu prüfen sind. Zu nennen ist etwa das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP), dessen Richtlinien sich erfahrungsgemäß häufig ändern. Daher sind immer die aktuellen Konditionen in Erfahrung zu bringen. Auf Landes- und regionaler Ebene sind weitere Fördermittel zu prüfen, vor allem auch mit Blick auf den Ausbau erneuerbarer Energien.
 

Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP)


Neue Zukunftsausrichtung: Selbstständig machen als Energiewirt

Landwirtschaftsbetriebe haben längst mit teuren Folgen des Klimawandels (Ernteausfälle durch Dürren) zu kämpfen, Hofläden haben oft keine ausreichende Ertragskraft. Insofern werden angesichts großer nutzbarer Flächen erneuerbare Energien zu einem immer wichtigeren Einnahmefeld für Landwirte. Mit großen Solaranlagen oder Windrädern können sie nicht nur den hofeigenen Bedarf decken, sondern Überschüsse auch in das Netz einspeisen. Somit ließe sich eine weitere, förderfähige Einnahmequelle erschließen, die in aller Regel als gewerbliche einzustufen sein wird. Im Einzelfall kommt es immer darauf an, ob die Einnahme auf erneuerbaren Energien mehr als 50 % des Gesamtnettoumsatzes ausmachen.


Fazit: Müssen Landwirte ein Gewerbe anmelden?

Grundsätzlich nicht, denn die landwirtschaftliche Urproduktion genießt im deutschen Steuerrecht eine Sonderstellung. Die hier gezeigten Fälle und Zahlen belegen aber ganz klar, dass Landwirtschaftsbetriebe schnell der Gewerbepflicht unterliegen können. Das ist vor allem der Fall, wenn kleine Betriebe sehr viele Vieheinheiten halten, der Hofladen die vorgegebene Umsatzgrenze überschreitet oder Landwirte mit erneuerbarer Energie oder auch der Bewirtung von Feriengästen mehr als 50 % des Gesamtumsatzes erwirtschaften.
 

Vertiefender Link zu möglichen Rechtsformen

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